Bernard Vandermersch (Paris)* :
Bemächtigungstrieb und Urverdrängung
(Zur Übertragung und zur Bindung zwischen Analytikern)
Ausgangspunkt des Vortrags ist eine Aussage von Lacan in Die Logik des Phantasmas [1966/67]: „L‘inconscient, c‘est la politique“ (Die Politik ist das Unbewußte).
Freud schlug seinerzeit einen Bemächtigungstrieb vor, um der Grausamkeit des Kindes (Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie [1905]) sowie der Machtgier (Warum Krieg? [1933]) Rechnung zu tragen. Diesen Begriff hat Lacan nicht wieder aufgenommen.
Die theoretische Verlegenheit gegenüber dem Bemächtigungstrieb besteht allerdings schon bei Freud in der Mehrdeutigkeit zwischen sich bemächtigen und Beherrschung, Bewältigung. Schließlich scheint er in der zweiten Topik unter dem Todestrieb als einfache „Zweckmäßigkeit“ des Sadismus zu verschwinden.
Anstatt jedoch den Begriff des Bemächtigungstriebs als Überbleibsel einer überholten Etappe unserer Theorie aufzugeben, könnte die Schwierigkeit seiner Theoretisierung auf einen Punkt des Realen in der Struktur verweisen, auf die Urverdrängung.
Die Herausforderung der für Diskussion offenen Arbeit wird es daher sein, die Dimension der „Bemächtigung“ mit Hilfe der schwierigen Konzeption der Urverdrängung zu erhellen, um über das Begehren des Psychoanalytikers und den prekären Status der Demokratie in den psychoanalytischen Institutionen zu sprechen.
Vortrag in französischer Sprache mit deutscher Übersetzung
*Bernard Vandermersch arbeitet als Psychiater und Psychoanalytiker in Paris. Er ist Mitherausgeber des Larousse Wörterbuchs für Psychoanalyse, Autor psychoanalytischer Monographien, sowie zahlreicher Artikel, u.a. für die Revue Lacanienne, Clinique Lacanienne, Essaim. Er ist Mitglied der ALI (Association Lacanienne Internationale), deren Präsident er von 2003 bis 2006 war
Moderation: Claus-Dieter Rath
Eintritt: 10/5€
Veranstaltungsort:
Psychoanalytische Bibliothek Berlin
Hardenbergstraße 9
10623 Berlin-Charlottenburg